Das Tragen deckt alle drei Bedürfnisse unserer Babys ab.
Wärme, Nahrung und Geborgenheit/Sicherheit.
Die Nähe des Kindes schüttet das Hormon Oxytocin und Prolaktin aus, weswegen die Milchproduktion gesteigert wird.
Des Weiteren ist die Wirkung von Oxytocin vielfältig,
-reguliert Blutdruck und Puls
-verringert den Cortisolspiegel, puffert also Stress ab. (Stressresistenz/Stressregulierend)
-wirkt allgemein beruhigend
-stimuliert soziale Interaktionen
-veranlasst eine bessere Immunreaktion
-stimuliert, besonders im frühen Kindesalter wichtig, Wachstum und Gewichtszunahme
Zudem ist es an der Steuerung von Angst und Fluchtverhalten beteiligt.
Intensiver, häufiger Haut und Körperkontakt fördert die körperliche Entwicklung eines Babys auf vielfältige Weise. Gewährt man Kindern reichlich körperliche Zuwendung, sind sie über die Säuglingszeit hinaus umgänglicher, weinen weniger, kommen mit Stresssituationen schneller zurecht und besitzen zudem eine bessere Selbstregulationsfähigkeit.
Das Rückentragen
Ab ca. 3/4 Monaten hat das Tragen auf der Hüfte oder dem Rücken vermehrt Vorteile, wie Bewegungswahrnehmung in Sehrichtung. Eigenwahrnehmung, Gleichgewichtssystem und Sehsinn werden deutlicher angesprochen. Die Akkommodation der Augen, sprich das scharf Stellen wird trainiert. Dadurch auch die räumliche Wahrnehmung. Rückentragen ist auch bedeutend Beckenbodenschonender für die Trageperson.
Tragebekleidung:
Das Thema Tragebekleidung kommt praktisch bei jeder Trageberatung früher oder später auf. Daher möchte ich euch hier die wichtigsten Punkte aufführen:
-Das Kind sollte unter einer Tragejacke getragen werden, bis es von sich aus sagen kann, ob es zu warm oder zu kalt hat.
-Das Tragetuch oder Tragehilfe entspricht 1 Schicht Kleidung.
-Die altbewährte Zwiebeltechnik zum Ankleiden kann auch hier beim Tragen genutzt werden.
-Bitte beachtet, dass euer Kind nicht den Kopf auf eure nackte Haut legt während dem Tragen. Der Schweiss von Erwachsenen ist eher aggressiv und könnte dadurch beim Neugeborenen einen Ausschlag auslösen. Ein "Nuscheli" unterlegen reicht schon völlig aus.
Tragejacken werdet ihr in diversen Varianten antreffen. Von Softshelljacken, welche bis auf den Sommer praktisch ganz jährlich genutzt werden können, über Wintermäntel bis zu Wickeljacken, Tragehoodies oder hübschen Wolltragepullover ist für das Tragepaar alles erhältlich. Die Regenjacken nicht zu vergessen!
Hier ist herauszufinden welche Tragejacke am besten zu dem Tragepaar passt und welche Anschaffungen wirklich nötig sind. Auch hier zu erwähnen, dass der Secondhandmarkt riesig ist. Beachtet doch bei einer Anschaffung, das ihr das Kind auch auf dem Rücken tragen könnt.
In der Kälte ist nicht zu vergessen, dass auch bei den besten Tragejacken von unten kalte Luft an die Füsse gelangen kann. Daher bitte die Füsschen warm halten. Zum Beispiel mit Wollfinkli. Die Kopfbedeckung sollte auch immer gewährleistet sein..
"Was tragen wir darunter?" ist dann die nächste Frage. Auch hier gibt es keine Lösung , welche für alle gilt respektive auch nötig ist. Sehr beliebt im Winter ist Wollkleidung. Wollkleidung hält warm, ist temperaturregulierend und trocknet schnell. In den gängigsten Trageshops aber auch in Kleinunternehmen findet ihr Wolle/Seide- , Wolle/Bambus oder Merinowollebodies wie die passenden Höschen dazu. Einteiler, Pullover, Shirts usw. Wollfleece- und Wollwalkoveralls sind meistens überflüssig unter einer guten Tragejacke, jedoch ist auch hier die Situation und die Temperaturen zu beachten. Ein Wollwalk bei einem Tragling, welcher noch nicht auf dem Boden herumkrabbelt, ist nicht nötig, hier reicht ein Wollfleeceoverall völlig aus. Wollwalk ist dann eher für die Kinder, welche schon unterwegs sind. Beachtet bitte die Waschanleitungen bei den Produkten. Wolle ist selbst reinigend und kann ausgelüftet werden oder auch zusätzlich ausgebürstet. Falls die Kleidung , insbesondere Bodies, in die Wäsche müssen, dann bitte das Wollprogramm wählen und das passende Waschmittel nutzen. Ansonsten könnten die Kleider eingehen, die Elastizität verlieren und oder auch ein sogenanntes "Pilling" bekommen.
Wolle/Seide, Wolle/Bambus und Wolle/Tencel kann das ganze Jahr über getragen werden. Jedoch ist im Sommer nicht jedes Kind damit glücklich und da haben wir dann die Bambusviskose, welche wunderbare Eigenschaften mit sich bringt. Bambusviskose ist kühlend und temperaturausgleichend. Das Material ist sehr fein und leicht, dass auch Kinder mit einer sensibleren Haut davon profitieren. Bambusviskose kann auch sehr gut im Winter als 1. Schicht getragen werden, da nicht alle mit Wolle glücklich sind.
Hier arbeiten die Eltern gerne mit üblicher Baumwollebekleidung. Von Body bis Baumwollfleecehosen.
Desweitern können wir unsere Traglinge im Sommer auch mit einem UV-Schirm schützen. Er spendet nicht nur Schatten sondern es ist merklich kühler darunter. Auch wir als Tragepersonen können von guter Kleidung profitieren und helfen damit uns, wie auch dem Kind, angenehm durch die Hitzetage zu kommen. Ich persönlich mag Leinenkleidung sehr gerne. Denkt immer daran, besonders an heissen Tagen, das Tragepaar ist mit einer Klimaanlage zu vergleichen. Ihr kühlt euch gegenseitig mit dem Schweiss wieder ab.
Die 5 Checkpunkte
Auf was müssen wir achten, wenn wir das Kind einbinden respektive eingebunden haben? Hier führe ich euch noch die 5 Checkpunkte auf, welche wir bei jeder Trageberatung zusammen besprechen inklusive ein wenig Hintergrundinfos.
1) Freie Atemwege und Stützung des Kopfes :
-Im Schlaf
- Bei Baby ohne ausreichende Kopfkontrolle
2) Stützung des Rückens
-Symmetrisch aufgerichtete Wirbelsäule
- Satt festgezogen, keine Falten, kein Zusammensacken
-Ausreichend seitlicher Halt
-Volles Atemvolumen
Der Kopf muss gestützt sein, aber nicht fixiert. Atemwege sind frei, das Gesicht sichtbar. Rollt der Kopf ein, ist die Luftzufuhr nicht mehr gewährleistet.
Die symmetrische aufrechte Position des Kindes wird unterstützt, Bandscheiben werden gleichmässig belastet. Bandscheiben, die elastischen Puffer der Wirbelsäule, können nur bei aufrechter Haltung ihre Stossdämpferfunktion wahrnehmen. Je jünger ein Kind desto wichtiger ist ein gut gestützter Rücken.
3 ) Anhock-Spreiz-Haltung und entspannte Haltung des Beckens
-Entwicklungsgerechte Aufrichtung des Beckens
-Spreizung möglichst wenig über 90 und Anhockung mind. 90 Grad.
Die bei der Geburt noch grösstenteils knorpeligen Strukturen der Hüftgelenkpfanne und des Hüftkopfes werden allmählich durch Knochensubstanz ersetzt, sie reifen erst zwischen dem dritten und neunten Monat gleichmässig heran. Des Weiteren fördert ein zentrierter gleichmässiger Druck vom Oberschenkelknochen in den gelenkigen Teil der Hüftgelenkpfanne die Verknöcherung. Eine korrekte Anhock-Spreiz-Haltung ist daher in dieser Zeit für eine gesunde Entwicklung wichtig.
4) Stützung von Kniekehle zu Kniekehle
-Frei bewegliche Unterschenkel
-Gleichmässige Stützung des ganzen Oberschenkel bis ca. 1 cm vor Kniekehle.
5) Bequemlichkeit
-Für die Trageperson -Für das Kind
Liegt die Trägerfläche auf der Schulter? Ist der Verlauf der Träger/Stränge nicht zu nah am Hals? Passt der Bauchgurt und ist bequem? Entspricht die Trageweise der Trageperson? Hat die Trageperson eine aufrechte Haltung?
Test:
Hat die Trageperson beide Hände frei? Nimmt die Trageperson eine Ausgleichshaltung ein?
Nach vorne lehnen. Bleibt der Oberkörper des Kindes am Körper der Trageperson? Das Kind schläft ein. Ist es noch gut gestützt? Bitte nachstraffen und gegeben falls den Kopf stützen.
Tragen & Tiefenwahrnehmung
( Bewegungs-, Stellungs-, Lage- und Spannungssinn)
Babytragen unterstützt das kinästhetische Sinnessystem. Was ist damit gemeint?
Damit ist der Bewegungs-, Stellungs- Lage- und Spannungssinn gemeint. Dieser gibt uns Informationen über das innere Körpersystem.
Dadurch kennen wir ohne Blickkontakt die Stellung einzelner Körperteile sowie deren Lage, Muskelspannung und Bewegungsrichtung.
Als Beispiel, schliesse deine Augen und berühre deinen eigenen linken grossen Zeh.
Du hast ihn gefunden dank deiner Tiefenwahrnehmung.
Mittels Propriozeptoren, welche Reize wahrnehmen, können wir unsere Körperteile kontrollieren, wahrnehmen und steuern ohne Blickkontakt. Uns gelingt dadurch auch mit geschlossenen Augen vertraute Bewegungen auszuführen.
Tragend sind wir immer in Bewegung, weswegen dadurch bei den Kindern die Tiefenwahrnehmung (kih Sinnessystem) gefördert wird. Dazu gehört zum Beispiel:
- Selbstwahrnehmung
- Motorische Fähigkeiten
- Verschiedene Muskeln ansprechen
- Selbstständiges Mitmachen unterstützen
- Lernen Gewicht über die Knochenstruktur abzugeben
Auch zu unserem inneren Sinnessystem gehört:
Erschütterungen spüren, Emotionen fühlen, Schmerz, Druck und die eigene Lage im Raum wahrnehmen.
Tragen unterstützt uns in vielerlei Hinsicht.
Quelle: Workshop @ClauWi Trageschule zu Kinästhetik in der Trageberatung und ein Flyer von zeka-ag.ch
Quellen: Schulunterlagen ClauWi Trageschule Schweiz, Ein Baby will getragen sein, Evelin Kirkilionis, Why Babywearing Matters, Knowles Rosie, Eigene Lebenserfahrung und Recherche :)